Wenn über digitale Ethik, CDR oder Werte im digitalen Raum diskutiert wird, kommt ganz oft die Frage “Warum sollen wir jetzt schon damit anfangen - es ist doch alles noch in der Schwebe?”. Dieser Eindruck ist zugleich richtig und falsch. Richtig ist, dass aktuell weltweit und insbesondere auf europäischer Ebene Gesetze und Standards entwickelt werden, die digitalen Technologien einen Entwicklungsrahmen geben sollen. Sicherlich ist in diesem Bereich noch vieles nicht klar:
Welche Werte werden in die Standardlisten zur Umsetzung des AI Act aufgenommen?
Welche Systeme werden nach den intensiven Diskussionen wirklich noch als High Risk AI eingestuft?
Welches Auditsystem wird von der EU eingesetzt?
Gleichzeitig sind diese Fragen sehr spezifisch auf die EU und KI bezogen und auch, wenn diese Fragen beantwortet sind, werden Unternehmen nicht davon befreien, sich mit der Verantwortung für ihre Produkte und Geschäftsmodelle auseinanderzusetzen.
Es ist ein Irrglaube, dass wenn erstmal “die Liste” von ethischen Werten da ist, die Checkliste, die man bei der Produktentwicklung abhaken kann, dass die Produkte dann sofort und automatisch besser für unsere Gesellschaft sind. Es geht hier um nichts Geringeres, als darum, wie wir in Zukunft zusammen leben wollen. Das ist keine Frage, die man in einer demokratischen Gesellschaft dem Gesetzgeber oder Standardgremien überlassen sollte. Sieht man in der Regulatorik nur einen Zwang von oben herab, wird das zu viel Frustration führen und Produktentwicklung limitieren. Sieht man in der aktuellen Diskussion die Chance, wirklich die Hintergründe zu diskutieren, warum wir Technologien und Innovationen generell vorantreiben, sind wir selbst handlungsfähig. Es gibt unzählige Beispiele, die in den letzten Jahren gezeigt haben, dass schnelle, oder vielleicht vorschnelle Launches von Software viel negatives Potential haben. Genauso können sie für ein besseres Leben eingesetzt werden. Das Potential ist durchaus da, allerdings nur, wenn wir zu Beginn des Innovations- oder Produktentwicklungszyklus die richtigen Fragen stellen. Dabei geht es nicht um lästige Bürokratie.
Kein modernes Entwicklungsteam würde auf die Idee kommen, ein Produkt zu entwickeln ohne einen richtigen Ideen- und Ideation Prozess, sowie Testen und Einarbeiten von Feedback von Testnutzern und -nutzerinnen. Es ist selbstverständlich geworden, dass man sich fragt: Was wollen unsere Nutzer und Nutzerinnen? Genauso ist es völlig selbstverständlich sowohl in Startups als auch großen Unternehmen nach dem “Why” zu fragen.
Warum machen wir das hier?
Was ist unsere Mission?
Was sind unsere Werte?
Nimmt man diese Herangehensweise ernst, kommt man angesichts der Tragweite von Innovationen im digitalen Raum gar nicht daran vorbei, zu fragen:
Was sind die Folgen unserer Innovation?
Was wollen wir positiv für die Gesellschaft erreichen?
Dafür braucht man erstmal keine externe Standardliste oder von der EU abgesegnete Wertelisten. Natürlich können diese bei der Überprüfung von intern entwickelten Wertesystemen und Objektivität helfen. Für den Entwicklungsprozess sind sie jedoch nicht entscheidend. Setzen sich Geschäftsführung und Projektteams mit diesen Themen intensiv auseinander, werden sie innovative, wirklich hilfreiche Produkte und Systeme entwickeln. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, Zeit und Geld in diese Offenheit im Entwicklungsprozess zu investieren. Auch braucht man im Unternehmen Expertise, um Wertekonflikte aufzulösen, die unweigerlich entstehen. Für diese Herausforderungen sind schon entwickelte Corporate Digital Responsibility Systeme auf der operativen Ebene und ethische Leitlinien dann hilfreich. Aber eben erst im zweiten Schritt statt als Ausgangspunkt. Es ist viel brillantes Wissen da, was euch helfen kann, digital verantwortungsvoll zu handeln. Vieles davon ist leider noch nicht genügend bekannt. In den nächsten Wochen werde ich das ändern und euch existierende Systeme zugänglich erklären.
Mit meinem Responsible Innovators Kickstart Guide möchte ich euch dazu befähigen, das Wissen umzusetzen und Zugang zum Ökosystem im Bereich digitale Ethik und verantwortungsbewusste Innovation zu finden. Lasst uns gemeinsam den Wandel für eine bessere Zukunft gestalten!